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Arbeitsrecht

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Arbeitspflicht

Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht
Stichworte:
Arbeitsrecht
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Begriff

Die Arbeitspflicht ist die Pflicht des Arbeitnehmers zur Leistung von Arbeit im Dienst des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer hat die übernommene Arbeit in eigener Person zu leisten, sofern nichts anderes verabredet ist (OR 321).

Arbeitszeit

Die Arbeitszeit betrifft den Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung, d.h. die Beanspruchung des Arbeitnehmers pro Tag. Bezüglich der Gestaltung der Arbeitszeit bestehen verschiedene Möglichkeiten, z.B. Teilzeitarbeit, Job Sharing usw.

Zu beachten sind ferner Bestimmungen über die wöchentliche Höchstarbeitszeit, sowie über Tages-, Nacht- und Sonntagsarbeit.

Der Arbeitnehmer kann auch verpflichtet werden, Überstunden und Überzeit zu leisten.

Pikettdienst

Beim Pikettdienst verpflichtet sich der Arbeitnehmer, dem Arbeitgeber auch für ausserordentliche Einsätze ausserhalb seiner gewöhnlichen Arbeitszeit zur Verfügung zu stehen.

  • Definition
  • Abgrenzung von der Arbeit auf Abruf
  • Bewilligungspflicht
  • Entschädigung
  • Anwendbare Bestimmungen
  • Einsatzplanung
  • Pikettdienst im Betrieb
  • Pikettdienst ausserhalb des Betriebes

Definition

Beim Pikettdienst hält sich der Arbeitnehmer neben der normalen Arbeit für allfällige Arbeitseinsätze bereit, für die Behebung von Störungen, die Hilfeleistung in Notsituationen, für Kontrollgänge oder für ähnliche Sonderereignisse (ArGV 1 14 Abs. 1). Wie die Hilfeleistung in Notsituationen und die Behebung von Störungen, handelt es sich auch bei den Kontrollgängen um nicht planbare, unregelmässige Arbeiten in Notsituationen.

Werden bei einem Einsatz normale Arbeiten erledigt, handelt es sich nicht um Pikettdienst. Pikettdienst liegt nur vor, wenn es um ausserordentliche Arbeiten in Notsituationen oder um die Behebung von Störungen etc. geht.

Abgrenzung von der Arbeit auf Abruf

Die Arbeit auf Abruf dient dazu, Schwankungen des Arbeitsvolumens aufzufangen. Die Arbeitnehmer werden bei höherem Arbeitsanfall im Bedarfsfall abgerufen. Beim Pikettdienst hingegen wird der Arbeitnehmer für nicht voraussehbare, nicht planbare ausserordentliche und dringende Arbeiten eingesetzt.

Bei einer Zunahme des Arbeitsvolumens kann der Arbeitgeber die Arbeitnehmer zur Leistung von Überstunden (OR 321c) und Überzeit (ArG 12) veranlassen und ggf. die wöchentliche Höchstarbeitszeit verlängern (ArG 9). Genügen diese Massnahmen nicht zur Bewältigung des Arbeitsvolumens, kann der Arbeitgeber zusätzliches Personal anstellen. Piketteinsätze kommen dazu nicht in Frage.

Bewilligungspflicht

Nacht- und Sonntagsarbeit sind grundsätzlich verboten (ArG 16 u. 18). Ausnahmsweise ist Nacht- und Sonntagsarbeit jedoch erlaubt. Dafür ist eine Bewilligung einzuholen (ArG 17 u. 19). Die gesetzlichen Feiertage sind den Sonntagen gleichgestellt (ArG 20a). Wird Pikettdienst in der Nacht oder an einem Sonntag oder an einem gesetzlichen Feiertag geleistet, ist deshalb grundsätzlich eine Bewilligung einzuholen.

Bestimmte Gruppen von Betrieben sind aufgrund der Sonderbestimmungen in ArGV 2 von der Bewilligungspflicht für Nacht- und Sonntagsarbeit ausgenommen (vgl. ArG 27).

Entschädigung

Die Entschädigung von Pikettdienst richtet sich nach dem Arbeitsvertrag (und ggf. nach Regelungen in einem allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrag). Das Bundesgericht hat entschieden, dass die Zeit, während welcher sich die Arbeitnehmer für allfällige Einsätze bereithalten müssen (Bereitschaftszeit) zu entschädigen ist (BGE 124 III 249). Die Entschädigung für die Bereitschaftszeit richtet sich nach dem Arbeitsvertrag bzw. GAV und kann auch tiefer als der normale Lohn sein. Die Entschädigung für Bereitschaftsdienst und Pikettdienst kann im Lohn für die Haupttätigkeit inbegriffen sein (BGer 4A_334/2017 E.2.2). Massgebend ist die Regelung im Arbeitsvertrag (allenfalls in einem GAV).

Für Piketteinsätze in der Nacht oder am Sonntag haben die Arbeitnehmenden Anspruch auf die gesetzlichen Lohn- und Zeitzuschläge (ArG 17b, 19, 20 ArG). Fällt bei der Nacht- oder Sonntagsarbeit Überzeit (ArG 12 f.; ArGV 1 26 Abs. 1 lit. b) an, gilt der für den Arbeitnehmer günstigere Lohnzuschlag. Lohnzuschläge werden nicht kumuliert (ArGV 1 33 Abs. 4). Ein Verzicht auf die Überzeitentschädigung während Piketteinsätzen ist nicht zulässig (BGer 4A_11/2016 E.5).

Pikettdienst / Piketteinsatz

Bestimmung

Lohn- / Zeitzuschlag

Überzeit (ArG 13)

Vorübergehende Sonntagsarbeit (max. 6 Sonn- / Feiertage p.a.)

ArG 19 III, 20

Lohnzuschlag 50% + Freizeit / Ersatzruhetag

Kein Lohnzuschlag

Regelmässige Sonntagsarbeit

ArG 19 II, 20

Freizeit / Ersatzruhetag

Lohnzuschlag 25%

Vorübergehende Nachtarbeit (max. 24 Nächte p.a.)

ArG 17b I

Lohnzuschlag 25%

Kein Lohnzuschlag

Regelmässige Nachtarbeit

ArG 17b II

Ausgleichsruhezeit 10%

Lohnzuschlag 25%

Der Lohnzuschlag für Überzeit u.a. für Büropersonal und technische Angestellte fällt erst bei mehr als 60 Stunden Überzeit pro Jahr an (ArG 13 Abs. 1).

Anwendbare Bestimmungen

Bei Pikettdienst halten sich die Arbeitnehmenden zusätzlich zur und ausserhalb der normalen Arbeitszeit für Notfalleinsätze zur Verfügung (ArGV 1 14). Die generellen Bestimmungen des Arbeitsgesetzes zur Tages- und Abendarbeit (ArG 10) und zur Nachtarbeit (ArG 17a) sind nicht anwendbar. Auch die Bestimmung, wonach nicht an mehr als sechs aufeinanderfolgenden Tagen gearbeitet werden darf (ArGV 1 21 Abs. 3), gilt nicht für den Pikettdienst.

Die Bestimmungen über die wöchentliche Höchstarbeitszeit (ArG 9) und die Überzeitarbeit (ArG 12) sind dagegen anwendbar. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit kann aufgrund von Piketteinsätzen überschritten werden, was zu Überzeit führt, welche kompensiert werden kann (ArG 13, ArGV 1 25). Überzeitarbeit im Rahmen von Piketteinsätzen in der Nacht oder am Sonntag / Feiertagen ist zulässig (ArGV 1 26 Abs. 1 lit. b).

Einsatzplanung

Im Zeitraum von vier Wochen dürfen Arbeitnehmer an höchstens sieben Tagen auf Pikett sein oder Piketteinsätze leisten. Nach einem Pikettdienst darf der Arbeitnehmer während den darauf folgenden zwei Wochen nicht zum Pikettdienst aufgeboten werden (ArGV 1 14 Abs. 2). 

Ausnahmsweise können Arbeitnehmer im Zeitraum von vier Wochen an höchstens 14 Tagen auf Pikett sein, sofern aufgrund der betrieblichen Struktur und Grösse nicht genügend Personal für den Pikettdienst zur Verfügung steht und durchschnittlich pro Kalenderjahr nicht mehr als fünf tatsächliche Piketteinsätze pro Monat anfallen (ArGV 14 Abs. 3).

Für Krankenanstalten und Kliniken (ArGV 2 8a u. 15) sowie Tierkliniken und Tierarztpraxen (ArGV 2 8b u. 21) gelten besondere Bestimmungen.

Bei der Festlegung der Arbeits- und Ruhezeit ist auf Arbeitnehmer mit Familienpflichten besonders Rücksicht zu nehmen (ArG 36 Abs. 1). Das ist bei der Planung von Pikettdiensten zu berücksichtigen. Kurzfristige Änderungen des Einsatzplanes sind nur mit dem Einverständnis der Arbeitnehmer mit Familienpflichten zulässig, soweit eine andere Lösung für den Betrieb nicht zumutbar ist (ArGV 1 14 Abs. 4). Diese Arbeitnehmer dürfen ferner nur mit ihrem Einverständnis Überzeit leisten (ArG 36 Abs. 2).

Schwangere Frauen und stillende Mütter dürfen nicht über die vereinbarte ordentliche Dauer der täglichen Arbeit hinaus beschäftigt werden (ArGV 1 60 Abs. 1). Sie kommen deshalb für Pikettdienst nicht in Frage.

Pikettdienst im Betrieb

Wird der Pikettdienst im Betrieb geleistet, stellt die gesamte zur Verfügung gestellte Zeit Arbeitszeit dar (ArGV 1 15 Abs. 1). Wird dadurch die tägliche Arbeitszeit erreicht, sind dem Arbeitnehmer im Anschluss an den Pikettdienst elf aufeinanderfolgende Stunden Ruhezeit zu gewähren (ArG 15a). Die Frage kann sich stellen, ob es sich in einem solchen Fall wirklich um Pikettdienst oder um normale Arbeit handelt. Zur Beurteilung dieser Frage sind die kantonalen Behörden zuständig (ArG 43).

Wird Pikettdienst im Betrieb geleistet, darf die wöchentliche Höchstarbeitszeit (ArG 9) nicht überschritten werden, was bei der Festlegung des Einsatzplans für den Pikettdienst im Betrieb zu beachten ist. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit kann nur bei Piketteinsätzen überschritten werden, in welchen Fällen Überzeitarbeit zulässig ist.

Wird am Sonntag im Betrieb Pikettdienst geleistet, muss die entsprechende Zeit ausgeglichen werden (ArG 20, ArGV 1 21 Abs. 1).

Wird eine sehr schnelle Einsatzbereitschaft verlangt (bspw. 15 Minuten oder weniger), ist es den Arbeitnehmern in der Regel nicht möglich, den Betrieb zu verlassen und sie können über ihre Zeit nicht frei verfügen. Die Zeit gilt deshalb als Arbeitszeit, ausser der Arbeitnehmer kann sich zu Hause aufhalten (BGer 4A_94/2010 E.4.4).

Pikettdienst ausserhalb des Betriebes

Leistet der Arbeitnehmer den Pikettdienst ausserhalb des Betriebes, gelten nur die effektiv geleisteten Einsatzzeiten als Arbeitszeit. Die Wegzeit zu und von der Arbeit ist ebenfalls an die Arbeitszeit anzurechnen (ArGV 1 15 Abs. 2).

Bei einer Interventionszeit von weniger als 30 Minuten haben die Arbeitnehmer von Kliniken und Krankenanstalten Anspruch auf eine Zeitgutschrift von 10% der inaktiven Pikettdienstzeit (für den Pikettdienst aufgewendete Zeit ausserhalb einer Intervention und für den Arbeitsweg; ArGV 2 15 u. 8a Abs. 2; BGer 4A_11/2016 E.4.1).

Bei Pikettdienst am Sonntag ist darauf zu achten, dass jeder zweite Sonntag frei sein muss (ArG 20 Abs. 1). Auch wenn der Arbeitnehmer nicht zum Einsatz kommt, gelten Sonntage mit Pikettdienst nicht als freie Sonntage. Wenn der Arbeitnehmer nicht zum Einsatz kommt, ist kein Ersatzruhetag zu gewähren. Kommt er hingegen zum Einsatz, ist ein Ersatzruhetag zu gewähren (ArG 20 Abs. 2).

Sorgfaltspflicht

Der Arbeitnehmer hat die ihm übertragene Arbeit nicht nur persönlich zu erfüllen, sondern er hat sie gemäss OR 321a Abs. 2 auch sorgfältig auszuführen. Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber seine volle Arbeitskraft und seine Fähigkeiten dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Er muss mit Maschinen, Arbeitsgeräten und Anlagen sowie Fahrzeuge des Arbeitgebers sorgfältig umgehen. Das Mass der Sorgfalt entscheidet sich nach OR 321e Abs. 2.

Bei Verletzungen der Sorgfaltspflicht haftet der Arbeitnehmer für den Schaden (OR 321e Abs. 1).

Verletzung der Arbeitspflicht

Sanktionen

Der Arbeitnehmer, der seine Arbeit gar nicht oder nicht sorgfältig erfüllt, hat folgende Sanktionen zu befürchten:

  • Verwarnung
  • Verweis
  • Kündigung (fristlose Entlassung nur bei extrem ungenügender Leistung)
  • Verweigerung der Lohnzahlung bei Arbeitsverweigerung
  • Schadenersatzpflicht unter den Voraussetzungen von OR 321e (absichtlicher oder fährlässig verursachter Schaden).
  • vertraglich vereinbarte Konventionalstrafen

Haftung des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer ist für den Schaden haftbar, den er dem Arbeitgeber absichtlich oder fahrlässig zufügt. Den Arbeitnehmer muss ein Verschulden treffen, das nach dem besonderen Massstab von OR 321e Abs. 2 zu beurteilen ist. Dabei sind insbesondere das Berufsrisiko, der Bildungsgrad und die Fachkenntnisse des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Die Beweislast für das Verschulden liegt beim Arbeitgeber, die Beweislast für leichtes Verschulden und ersatzmindernde Umstände liegt beim Arbeitnehmer. Ein Mitverschulden des Arbeitgebers kann zu einer Reduktion der Haftung führen. Dieselben Regelungen im Zusammenhang mit der Haftung gelten bspw. für:

  • Autoschäden des Arbeitnehmers, und die
  • Mankohaftung, d.h. eine Haftung für ein Kassenmanko (v.a. im Gastgewerbe und Detailhandel)

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